Mika Hanraths: Die Emotionen sind ein wichtiger Rückhalt
Mika Hanraths wechselte von der Schalker U23 im Spätsommer zum FCB. Der 24-Jährige hat in seiner jungen Karriere schon einige Meilensteine erlebt, darunter auch Jugend-Nationalspiele. Wir haben uns mit ihm zum Interview getroffen und uns über seine bisherige Laufbahn und seine Ziele mit dem FCB unterhalten.
AM BALL: Angefangen hast du mit dem Fußball in deiner Geburtsstadt Berlin. Dann ging es für euch nach Nordrhein-Westfalen?
„Genau, wir sind dann nach Hilden gezogen und ich habe beim VfB Hilden zwei Jahre Fußball gespielt und bin dann nach Düsseldorf gezogen. Dort habe ich angefangen, bei Fortuna Düsseldorf zu spielen.“
AM BALL: Wie war für dich die Zeit im Nachwuchsleistungszentrum?
„Die Zeit war super. In den ersten Jahren ging es eigentlich mehr um Spaß haben am Fußball und einfach kicken. Mit 14-15 Jahren haben meine Eltern dann gesagt: ‘Wenn du so weitermachst, kannst du mit dem Fußball später auch Geld verdienen’. Dann ging es in den Leistungsbereich, das hat immer noch Spaß gemacht, allerdings wurde der Druck auch größer. Aber im Großen und Ganzen habe ich die Zeit bei Fortuna Düsseldorf sehr genossen."
AM BALL: Deine Eltern haben dich bei deinem Traum, Profifußballer zu werden, unterstützt?
„Meine Eltern standen immer hinter mir. Sie hatten nur eine Bedingung und das war das Abitur. Das habe ich auch geschafft. Fußball ist auch immer ein großer zeitlicher Aufwand, den meine Eltern auf sich genommen haben und mit mir zu jedem Turnier und Spiel gefahren sind und mich so sehr unterstützt haben.“
AM BALL: Hast du schon immer in der Innenverteidigung gespielt?
„Früher habe ich mit neun oder zehn Jahren im Sturm gespielt. Mit elf Jahren bin ich auf die Innenverteidiger-Position gewechselt und habe das Verteidigen gelernt. Im Laufe der Zeit habe ich auch mal auf der Sechser-Position, Rechtsaußen und auch rechter Verteidiger gespielt. Mit 15 war die Innenverteidigung dann aber meine feste Position.“
AM BALL: Hast du dir die Position als Abwehrspieler selbst ausgesucht? Oder wurdest du dort einfach aufgestellt und hast es dann so gut gemacht, dass du damit deine Position gefunden hast?
„Ich wurde überraschenderweise ohne jeglichen Grund auf die Position gestellt. Ich war verwundert, weil ich vorher immer Stürmer war und auch viele Tore geschossen habe. Ich habe die Position aber einfach angenommen. Das hat mir dann auch Spaß gemacht, weil ich das Verteidigen liebe. Schließlich muss ich sagen, dass die Entscheidung vom Trainer, mich auf diese Position zu stellen, die richtige war.“
AM BALL: Einige Spiele durftest du auch mit dem Adler auf der Brust im Nationalteam bestreiten. Erzähl uns doch gerne davon.
„Es waren neun Spiele. Ich habe in der U16 angefangen und in der U18 aufgehört, Spiele für die DFB-Elf zu machen. Das war eine riesige Ehre für mich und ich habe es genossen, mit den besten Spielern aus meinem Jahrgang gegen die besten Spieler aus anderen Ländern zu spielen. Das war brutal, die Qualität war zu der Zeit damals nochmal individuell was ganz anderes. Das vergisst man nicht und behält es für sein Leben in Erinnerung. Es war einfach eine sehr schöne Zeit und prägende Erfahrung, die ich dort gemacht habe.“
AM BALL: Deine Gegner damals haben heute durchaus bekannte Namen: Evan Ndicka von Europa League-Sieger Eintracht Frankfurt oder Malang Sarr vom AS Monaco, vorher FC Chelsea. Verfolgt man die Karrieren von ehemaligen Mitspielern oder Gegnern besonders?
„Ja klar, die Namen vergisst man nicht. Direkt verfolge ich sie jetzt nicht, aber ich bekomme ja mit, was im Fußball passiert. Es ist beeindruckend, was einige Jungs aus meinem Jahrgang in ihrer Karriere geschafft haben. Das macht mich natürlich auch hungrig, irgendwann auch noch mehr zu erreichen.“
AM BALL: In deinen letzten Jugendjahren bist du zu Borussia Mönchengladbach gewechselt und hast im Anschluss noch zwei Jahre in der U23 von Schalke 04 gespielt. Was konntest du von dort mitnehmen?
„IIn Gladbach habe ich die ersten Schritt im Herren- und Profibereich gemacht. Ich habe dort bei den Profis mittrainiert und war auch mit im Trainingslager. Dort musste ich sehr schnell lernen, dass Kleinigkeiten das Spiel entscheiden. Es ist wichtig, technisch sowie taktisch auf hohem Niveau Fußball zu spielen. Deshalb waren das zwei wichtige Jahre für mich. Bei Schalke habe ich dann gelernt, Führung zu übernehmen -sowohl auf als auch neben dem Platz. Ich habe auf Schalke versucht, den Sprung in den Profibereich zu schaffen, aber das hat leider nicht geklappt. Dennoch war die Zeit für mich sehr wichtig für meine Entwicklung.“
AM BALL: Was war der bisher schönste Moment deiner noch jungen Karriere?
„Da gab es einige. Mein schönster Moment war mein erstes Länderspiel gegen Italien mit 15 Jahren. Dann sicher auch meine erste Kadernominierung auf Schalke gegen Heidenheim. Das war auch schön in der ausverkauften Veltins Arena beim Aufstieg von Schalke.“
AM BALL: Bleibt es dein Ziel, in den obersten drei Ligen zu spielen?
„Ja, auf jeden Fall. Das Ziel habe ich noch nicht aufgegeben und verfolge es jeden Tag. Ich bin überzeugt, dass ich es schaffen werde.“
Der Verein ist geschmückt mit vielen Emotionen, das finde ich super und macht den Club so familiär.
AM BALL: In der Regionalliga West geht es langsam ins Saisonfinale. Wie schätzt du die Chancen für den Klassenerhalt ein?
„Ich schätze unsere Ausgangslage immer noch gut ein, weil wir auf dem Platz gute Leistung bringen. Das einzige, was stört ist, dass wir uns nicht so richtig dafür belohnen. Das hätten in Aachen gut drei Punkte sein können. Bei Fortuna Köln mindestens ein Punkt und auch gegen Gladbach mindestens einer. Das wäre eine gute Ausbeute gewesen, die unsere Leistung widergespiegelt hätte. Das ärgert mich ein bisschen, aber ansonsten bin ich guter Dinge, dass wir den Klassenerhalt schaffen werden. Wir sind qualitativ besser als andere Mannschaften, haben die richtige Mentalität und wissen, worum es geht. Ich bin positiv gestimmt, was die nächsten Spieltage angeht und dass wir die nötigen Punkte holen, um die Klasse zu halten.“
AM BALL: Was macht für dich den Verein 1. FC Bocholt besonders?
„Bocholt ist ein Traditionsclub, das spürt man und teilweise spürt man auch, was von uns erwartet wird. Das finde ich nicht schlecht, weil von einem gewissen Standard im Verein ausgegangen wird. Der Verein ist geschmückt mit vielen Emotionen, das finde ich super und macht den Club so familiär. Außerdem kann man aus diesen Emotionen viel machen, was besonders in unserer Situation gerade wichtig ist. Der 1. FC hat meiner Meinung nach, wenn die Verantwortlichen die richtigen Entscheidungen treffen, eine große Zukunft vor sich. Man kann viel aus dem Verein schöpfen.“
AM BALL: War das für dich unter anderem ein Grund, warum du dich im Spätsommer 2022 für den Wechsel hierher entschieden hast?
„Einerseits brauche ich die Spielpraxis, die mir hier in Bocholt geboten wird, denn die ist für mich extrem wichtig, um mich beweisen zu können. Andererseits hat es mit dem Trainer und der Mannschaft von Anfang an sehr gut harmoniert, weil man die gleichen Ansichten und Ziele hat, die man erreichen will und diese für mich auch realistisch waren. Deshalb habe ich mich für Bocholt entschieden.“
AM BALL: Hast du dich beim FCB bisher eingelebt und kannst du dir, trotz deiner Ansprüche, eine weitere Saison in Bocholt vorstellen?
„Ich habe mich gut eingelebt und fühle mich sehr wohl. Ich würde auch sagen, ich bin jemand, der nicht viel Zeit braucht, um sich einzuleben. Über meine weitere Zukunft mache ich mir zur Zeit erstmal weniger Gedanken. Natürlich führt man Gespräche, aber Details kann ich leider noch nicht verraten.“ (lacht)
AM BALL: Was machst du gerne in deiner Freizeit, wenn du mal nicht auf dem Fußballplatz stehst?
„Ich bin oft im Fitnessstudio, ich mache sehr viel Personaltraining und generell Sport. Meine Familie ist mir sehr wichtig, daher treffe ich mich mindestens einmal, manchmal auch zweimal die Woche mit meinen Familienangehörigen. Die Zeit am Wochenende verbringe ich oft mit meinen Freunden: Kaffee trinken, quatschen, durch die Stadt gehen und bummeln. Einfach etwas entspannen.“
AM BALL: Vielen Dank für das Gespräch, Mika!