Offizielle Internetseite 1. FC Bocholt 1900 e. V.
Menü

Foto: Monika Gajdzik

Profis
Dienstag, 18.10.2022 19:38 Uhr | Stefan Schniedertöns

„Ich finde die Aufgabe geil, mit einem Aufsteiger den Klassenerhalt zu holen!“

Wir haben uns mit Fábio Daniel Simoes Ribeiro zum Interview getroffen. Vor dem Spiel gegen seinen Ex-Club SV Straelen sprachen wir mit dem 32-jährigen über die Krankheit Epilepsie, seinen Werdegang, die Ziele beim FCB und Jugendjahre in Spanien.

Wie gehts dir? Bist du wieder bei 100 Prozent?
„Mittlerweile geht es mir wieder recht gut, Gott sei Dank. Am Ende war es eine Corona-Infektion, die zu dem epileptischen Anfall geführt hat. Das kannte ich so seit 15 Jahren nicht mehr. Unser Mannschaftsarzt hat das Herz und die Lunge getestet, da war auch alles in Ordnung. Die Blutwerte haben dann aber gezeigt, wie hoch die Entzündungswerte noch waren durch die Corona-Infektion. Jetzt geht es mir aber wieder super und ich bin wieder bei meinen vollen 100 Prozent.“

Wie beeinträchtigt Epilepsie dein Leben als Fußballer?
„Eigentlich nicht. Ich muss noch stärker auf meine Ernährung achten, da ich sehr starke Tabletten nehmen muss und diese Tabletten eher zu einer Gewichtszunahme tendieren. Da ich aber schon seit Jahren sehr auf meine Ernährung achte, ist das kein Problem.“

Deine Leistung wird also nicht beeinflusst?
„Wenn, dann ist da nur die Müdigkeit. In den ersten zwei Wochen nach dem Anfall habe ich das zum Beispiel gemerkt. Da wurde die Medikation um eine Tablette mehr am Tag erhöht. Da war es schon hart, weil der Körper sich daran gewöhnen muss. Jetzt, vier Wochen später, hat sich der Körper aber daran gewöhnt und alles ist gut.“

Wo und wann hast du mit dem Fußball angefangen?
„Ich habe in meinem dritten Lebensjahr in Mönchengladbach beim Rheydter SV angefangen. Da habe ich bis ich 16 Jahre alt war gespielt. Von da aus bin ich für ein Jahr zu einem Niederrheinligisten gewechselt und war dann für 1,5 Jahre in Spanien. Nach meiner Rückkehr habe ich das letzte Jugendjahr dann beim 1. FC Mönchengladbach gespielt.“

Als Spieler zu einer gefestigten Mannschaft in der Regionalliga zu wechseln, dann wäre das nächste Highlight der Aufstieg aber nicht der Klassenerhalt. Hier in Bocholt geht es darum die Euphorie mitzunehmen und die Liga zu halten.

Fabio Ribeiro

Wie kam es zu deinem Wechsel nach Spanien?
„Das kam über einen Bekannten zustande. Der hat einen Scout zu einem Jugendspiel von mir geschickt. Dann wurde ich zum Probetraining nach Spanien eingeladen und da habe ich wohl überzeugt.“ 

Wie war die Ausbildung in Spanien?
„Damals wurde in Spanien sehr viel Wert darauf gelegt, die Spieler fußballerisch auszubilden. In Deutschland stand eher die Athletik im Vordergrund. Deshalb ist das Niveau dort generell sehr hoch und der Fußball an sich ist sehr attraktiv. Ab der F-Jugend lernen die Spieler die Philosophie der Spanier. Heute sind die Unterschiede zwischen Spanien und Deutschland aber glaube ich nicht mehr da. Da wurde hier in Deutschland durch die Nachwuchsleistungszentren vieles aufgeholt.“ 

Nach deiner Rückkehr fing deine Senioren-Laufbahn an…
„Genau. Ich habe damals für den 1. FC Mönchengladbach in der Landesliga gespielt. Da konnte ich recht schnell Fuß fassen und bin dann ein Jahr später zum 1. FC Viersen in die Niederrheinliga gewechselt.“ 

Den Niederrhein hast du, bis auf die Zeit in Spanien, eigentlich nie verlassen. War es dir wichtig, immer in der Nähe deiner Familie zu bleiben?
„Ich bin immer sehr heimatverbunden gewesen. Ich hatte im jungen Alter die Möglichkeit, in andere Regionalligen zu wechseln. Aus der Regionalliga West hatte ich aber kein Angebot. Demnach kam das für mich damals nicht in Frage. Ich bin ein Familienmensch und wenn ich weggezogen wäre, dann vielleicht für eine 3. Liga aufwärts, aber nicht für einen Regionalligisten. Dazu kommt, dass ich schon mit 26 Jahren Vater wurde. Da überlegt man sich jeden Schritt doppelt. Ich wäre damals mal fast bei VVV Venlo gelandet, dann habe ich mich allerdings verletzt und es kam nicht zur Vertragsunterschrift. Aber auch der Verein wäre sehr nah gewesen. Eine Ausnahme hätte ich gemacht: Bei einem Angebot aus meiner Heimat in Portugal. Aber dazu kam es nie.“ 

Mit dem SV Straelen hast du im Sommer den Niederrheinpokal gewonnen. War das der bisher größte Erfolg deiner Karriere?
„Der Niederrheinpokal gehört auf jeden Fall dazu. Das erste Mal in die Regionalliga aufzusteigen ist aber auch ein Highlight.“ 

Wie sehr hat es dich dann geschmerzt, nicht im DFB-Pokal spielen zu können, weil du nach Bocholt gewechselt bist?
„Ich habe Straelen deswegen mit einem lachenden und einem weinenden Auge verlassen. Aber ich wollte was Neues probieren und den Vertrag in Bocholt nicht zu unterschreiben, nur für eventuell das eine Spiel, kam für mich nicht infrage. Ich habe es den Jungs gegönnt, die dann für Straelen gespielt haben und hoffe, dass wir dieses Jahr dasselbe mit Bocholt schaffen und wir dann nächstes Jahr hier im DFB-Pokal spielen.“ 

Was hat dich an der Aufgabe 1. FC Bocholt gereizt?
„Ich hatte gute Gespräche mit Marcus John, den ich bereits aus Straelen kannte. Er hat mir in den Gesprächen gezeigt, was der Verein vor hat. Den Weg möchte ich gerne begleiten. Ich habe es ein wenig mit dem SV Straelen verglichen, weil auch der Verein damals aus der Oberliga kam. Trotzdem ist das hier in Bocholt noch einmal eine andere Hausnummer, da der Verein ja auch schonmal 2. Liga gespielt hat. Und ich finde die Aufgabe geil, mit einem Aufsteiger den Klassenerhalt zu holen. Als Spieler zu einer gefestigten Mannschaft in der Regionalliga zu wechseln, dann wäre das nächste Highlight der Aufstieg aber nicht der Klassenerhalt. Hier in Bocholt geht es darum die Euphorie mitzunehmen und die Liga zu halten. Dich nicht von Rückschlägen wie den ersten Spielen zurückwerfen zu lassen sondern als Team gemeinsam aus diesem Loch herauskommen. Ich bin auch ein Spielertyp, der sowas braucht.“

Foto: Monika Gajdzik

Welche Stärken bringst du mit auf den Platz?
„Ich bin jemand, der auch gerne mal dazwischenhaut und vorangehen will, wenn es auch mal nicht so läuft. Eine Andere sind Balleroberungen. Ich habe keine Scheu davor in den Zweikampf zu gehen, egal gegen wen. Ich kann an sich das Spiel sehr gut lesen und antizipiere sehr gerne. Ich bin für meine Gegner halt wirklich ein Ar****** auf dem Platz.“ 

Wie ist denn die Stimmung im Team nach den letzten Erfolgserlebnissen?
„Man darf nie vergessen, dass wir ein Aufsteiger sind. Wir haben viele neue Spieler dazubekommen, dazu kommt das Verletzungspech. Dass wir nicht mit vier Siegen starten war auch klar. Aber man muss auch sagen, dass es in anderen Mannschaften, wenn die so gestartet wären richtig geknallt hätte. Das war bei uns nicht so. Wir sind von Woche zu Woche mehr zusammengewachsen und haben die Fehler klar angesprochen. Da sind natürlich auch Spieler direkt angesprochen worden. In anderen Vereinen reagieren die Spieler dann mit 'Hey, warum sprichst du mich an‘, das ist in Bocholt nicht der Fall gewesen. Jeder Einzelne hat das Angenommen. Man hat dann auch im Training in jeder Aktion gemerkt wie hoch der Wille ist, Punkte einzufahren. Das sieht man jetzt zuletzt dann auch in den Spielen. Als Beispiel in Gladbach, wo wir uns trotz einer schwachen zweiten Halbzeit nochmal wieder zurückkämpfen. Oder gegen Aachen, wo wir auf dem tiefen Platz nach 75 Minuten gefühlt alle schon Krämpfe hatten und sich trotzdem jeder bis zum Ende reinhaut. Auch die Jungs auf der Bank sind voll mitgegangen und das ist das, was ein Team braucht.“ 

Welche Ziele setzt du dir beim 1. FC Bocholt?
„In erster Linie die Liga halten. Ich sehe uns aber auch nicht auf dem Tabellenplatz, auf dem wir derzeit sind. Ich persönlich möchte Platz 10 bis 13 erreichen. Ich glaube, mit den Stärken unserer Mannschaft ist das möglich. Wir sind zwar schlecht gestartet, aber wir holen uns jetzt die Punkte. Ich persönlich trage dazu bei, dass ich im Training und im Spiel von der ersten bis zur letzten Sekunde alles gebe. Das gleiche erwarte ich aber auch vom Team.“ 

Was machst du, wenn du nicht auf dem Fußballplatz stehst?
„Unter der Woche arbeite ich. Ich bin gelernter Immobilienkaufmann, arbeite aber derzeit als Assistenz der Bauleitung. Ansonsten verbringe ich viel Zeit mit meiner Familie. Unter der Woche sehen wir uns leider nicht sehr viel. Viel Zeit bleibt nicht und dann muss man schauen, wofür man sich Zeit nimmt und die Familie ist dann am Wichtigsten für mich.“ 

Vielen Dank für das Interview, Fabio!