Philipp Hanke: Wir müssen für die Fans anders auftreten
Philipp Hanke hat im Sommer das Stadion am Zoo gegen den Bocholter Hünting eingetauscht. Warum ihm die Stimmung in Bocholt so gefällt, wie das Team seiner Meinung nach aus der Krise kommt und seinen bisherigen Werdegang bespricht er mit uns im AM BALL-Interview.
Steigen wir direkt mit dem schwierigsten Thema ein: In dieser Saison läuft es einfach noch nicht. Kann das Ziel jetzt nur noch heißen: Hauptsache Klassenerhalt?
Philipp Hanke: „Gerade sind wir nur wenige Punkte vor einem Abstiegsplatz. Aber: Mit der Qualität, die wir haben, müssen wir da unten eigentlich nicht stehen. Wir machen zu viele Fehler und das müssen wir abstellen. Dann kommen wir da unten auch wieder raus.“
Muss sich das Team selber vielleicht auch die Mentalitätsfrage stellen, gerade weil so viele einfache Fehler gemacht werden?
"Wir sind leider gerade in der Phase, dass wenn du drei, vier Fehler machst, dass diese direkt bestraft werden. Wenn du oben stehst, hast du häufig auch das Spielglück und kassierst solche Gegentore nicht. Wir müssen uns dieses Glück wieder erarbeiten, indem wir auch einfach mal dreckige Siege holen. Gegen Gütersloh wäre das ein solches Spiel gewesen, da haben die sich genau diesen dreckigen Sieg geholt.“
Die Vorbereitung war richtig stark, auch die Ergebnisse. Aber seit dem 1. Spieltag zeigt das Team häufig ein anderes Gesicht. Wo glaubst du, liegen die Gründe?
„Wir schaffen es nicht, unsere Trainingsleistungen im Spiel abzurufen. Wenn man sich unser Training anschaut, ist das wirklich sehr sehr gut. Wir geben da wirklich Gas und es funktioniert auch sehr viel. Was wir da spielerisch hinbekommen, müssen wir auch endlich in einem Spiel auf den Platz bringen. In der Vorbereitung ist uns das besser gelungen. Es gab auch Spiele, in denen wir es ordentlich gemacht haben und es uns dann mit individuellen Fehlern wieder kaputt gemacht haben. Da nehme ich mich auch nicht raus: Gegen Fortuna Köln muss ich zum Beispiel zwei Tore auf meine Kappe nehmen. Wenn wir diese Fehler abstellen, werden wir unsere Spiele auch wieder gewinnen.“
Jetzt ist Sunay Acar in der Verantwortung, er folgt damit auf Björn Mehnert. Wie hast du die ersten Wochen unter seiner Leitung wahrgenommen?
„Ich habe mit Björn Mehnert vorher schon sehr gut zusammengearbeitet in Rhynern und Wuppertal und wir haben auch immernoch ein tolles Verhältnis. Trainer sind aber nie gleich und haben immer einen eigenen Spielstil. Unter Björn habe ich zum Beispiel häufig in einer Dreierkette gespielt, jetzt mit Sunay spielen wir eigentlich immer mit einer Viererkette.“
In welchem System fühlst du dich wohler?
„Im Prinzip ist es mir egal, ich möchte einfach nur spielen. In den letzten Jahren habe ich viel in einem System mit Dreierkette gespielt, damit konnte ich mich am Anfang gar nicht anfreunden, weil das auf meiner Position bedeutet, ohne Ende zu laufen. Das habe ich dann aber gut hinbekommen. Bei einer Viererkette habe ich weniger Aktionen in der Offensive. Aber inzwischen fühle ich mich in beiden Systemen sehr wohl."
Besser läuft es im Niederrheinpokal: Dort geht es im Viertelfinale nun zu Union Nettetal. Welche Möglichkeiten rechnet ihr euch dort aus?
„Es sind nur wenig Spiele notwendig, um den Titel zu holen. Da ich eher im Westfalen-Verband groß geworden bin, kenne ich die Vereine am Niederrhein nicht so gut. Aber auch das Spiel gegen Union Nettetal müssen wir wieder gewinnen. Und dann könnte ja wieder ein großer Brocken kommen."
Wir wissen es sehr zu schätzen, dass wir auch den Support erfahren, wenn es gerade nicht so läuft wie gewünscht. Wir müssen für die Fans anders auftreten, nicht so wie jetzt am Wochenende.
Vor dieser Saison warst du nur als Gegenspieler in Bocholt. Wie ist es, am Hünting zu spielen?
„Ich habe einmal mit Wuppertal in Bocholt gespielt. Es war einfach eklig. Die Fans sind sehr nah dran und stehen zwei Meter hinter der Linie. Die Stimmung, wenn man für Bocholt spielt, ist aber überragend. Es ist was anderes als in meinen vorherigen Stationen, wo die Fans dann auf der Tribüne weiter weg stehen. Und mir ist es wichtig zu sagen: Wir wissen es sehr zu schätzen, dass wir auch den Support erfahren, wenn es gerade nicht so läuft wie gewünscht. Wir müssen für die Fans anders auftreten, nicht so wie gegen Gütersloh."
Mit deinen 31 Jahren gehörst du zu den erfahrensten Spielern im Team. Was hat im Sommer für dich den Ausschlag gegeben, aus Wuppertal nach Bocholt zu wechseln?
„Die Gespräche waren einfach super. Ich kannte Christopher Schorch aus Wuppertaler Zeiten noch. Wir haben da zwar nicht mehr gemeinsam gespielt, aber ich habe mich hier in Bocholt direkt sehr wohlgefühlt. Als ich damals hier war, um mir alles anzuschauen, habe ich sofort aus dem Bauch heraus gesagt: ‘Das ist es.’ Auch das, was drumherum aufgebaut wird, finde ich klasse."
Wenn man sich alte Berichte und Interviews von dir anschaut, wird dort vom „Stürmer Philipp Hanke“ gesprochen. Jetzt spielst du hauptsächlich als rechter Verteidiger. Wie ist das entstanden?
„Das war Zufall. Ich war vorher häufig auch im rechten oder linken Mittelfeld. Damals in der Oberliga unter Björn Mehnert in Rhynern war ich da auch sehr erfolgreich mit 22 Toren und 16 Vorlagen. Bin dann von dort aus nach Borussia Dortmund zur U23 gegangen und habe da auch erst zwei Jahre im Mittelfeld gespielt. Wir hatten damals ein Abschlusstraining vor der Winterpause unter Jan Siewert. Wir konnten im Trainingsspiel dann die Position aussuchen und da in meinem Team nur Offensivspieler waren, habe ich mich halt nach hinten links gestellt. Nach dem Training hat er dann zu mir gesagt, dass ich das gut gemacht habe und er sich das merken wird. Danach habe ich dann auch in der U23 linkter und rechter Verteidiger gespielt.“
Welche Stärken zeichnen dich auf dem Platz aus?
„Ich habe einen sehr guten ersten Kontakt und ein gutes Flankenspiel. Die Schnelligkeit ist gut, auch jetzt noch, wo ich älter werde (lacht). Außerdem versuche ich, mit meiner Erfahrung dem Team zu helfen und habe trotz meiner Größe ein gutes Kopfballspiel."
Wie sieht diese Hilfe für das Team mit deiner Erfahrung aus?
„Ich rede sehr viel auf dem Platz, bin aber im Training oder in der Kabine eher der ruhige Typ. Da falle ich weniger auf. Auf dem Platz versuche ich vor allem bei taktischen oder spielerischen Dingen zu helfen. Aber klar: Wenn bei dem Mitspieler vor einem zum Beispiel eine Aktion misslingt gehe ich auch zu ihm und versuche, ihn aufzubauen.“
Wenn man dich nicht auf dem Fußballplatz findet, womit beschäftigst du dich dann gerne?
„Ganz klar mit meinen drei Kindern. Wir haben drei Mädels und wir unternehmen sehr viel gemeinsam. Es ist immer schön für mich, selbst wenn es nur ein Spaziergang ist. Es ist aber auch immer viel los mit den Dreien (lacht) – positiv gemeint. Wir sind dann auch viel bei Geschwistern, weil die auch kleine Kinder haben. Wenn wir dann mal für uns was unternehmen, gehen wir gerne Kart fahren oder Paintball spielen mit Freunden.“
Danke für das Gespräch, Philipp!