Kelvin Lunga: Wir stehen füreinander als Team ein
Kelvin „Kelly“ Lunga fand kurz vor Saisonbeginn den Weg aus Oberhausen an den Bocholter Hünting. Der 29-Jährige spielt bereits viele Jahre in der Regionalliga und hat in seiner bisherigen Karriere einige spannende Spiele erlebt. Wir haben uns mit Kelly zum Interview getroffen, um über seine schönsten Momente im Fußball und seine Ziele für die Saison zu sprechen.
AM BALL: Im letzten Auswärtsspiel habt ihr gegen RWO eine sehr starke Leistung bewiesen. Was hat euch deiner Meinung nach gefehlt, um die vollen drei Punkte aus Oberhausen mitzunehmen?
"Ich denke, insbesondere gegen Ende hat uns das nötige Glück gefehlt. Negative Aspekte aus dem Spiel kann ich eigentlich nicht herausstellen, außer vielleicht, dass wir unsere Chancen vor dem Tor besser nutzen müssen. Wir haben im Spiel großen Kampfgeist gezeigt, daher können wir mit dem Unentschieden durchaus zufrieden sein. Man darf nicht vergessen, dass es ein Auswärtsspiel in Oberhausen war und das ist nicht einfach. Natürlich wäre ein Sieg ideal gewesen, aber auch der Punktgewinn ist von großer Bedeutung."
AM BALL: Du hast in deiner Fußballer-Laufbahn Erfahrungen mit unterschiedlichen Trainern gemacht. Welche Lehre oder welcher Ratschlag hat einen nachhaltigen Eindruck bei dir hinterlassen?
"Besonders während meiner Zeit beim SV Rödinghausen hat mich Enrico Maaßen, der heute Trainer beim FC Augsburg ist, nachhaltig beeinflusst. In Bezug auf Fußball und Taktik betrachtet war er bisher sicherlich der beste Trainer, den ich hatte. Er konnte die Mannschaft gut auf den Gegner einstellen und hatte immer die richtige Taktik parat. Von ihm habe ich gelernt, dass Fußball vor allem eine Kopfsache ist. Um erfolgreich Fußball zu spielen, ist Cleverness entscheidend. Selbst wenn man scheinbar die schwächere Mannschaft ist, muss die Einstellung und die Taktik stimmen, dann kann man gegen jeden gewinnen. Das ist eine äußerst wertvolle Erkenntnis, die ich von ihm mitgenommen habe."
Der wohl schönste Moment in meiner Karriere war, als ich die Einladung zur Nationalmannschaft von Simbabwe erhielt.
AM BALL: Welcher war bisher dein prägenster Fußball-Moment?
"Der wohl schönste Moment in meiner Karriere war, als ich die Einladung zur Nationalmannschaft von Simbabwe erhielt. Das war eine außerordentliche Ehre für mich und ein unvergessliches Erlebnis. Leider konnte ich kein Spiel für Simbabwe bestreiten, da es Probleme mit der Freigabe meines Spielerpasses gab. Ein besonderer Höhepunkt meiner Karriere war auch das DFB-Pokalspiel gegen den FC Bayern München. Obwohl wir das Spiel mit 1:2 verloren haben, war das ein tolles Spiel von uns und ich konnte in dieser Partie eine Torvorlage geben."
AM BALL: In deiner bisherigen Karriere durftest du auch schon einige Erfolge feiern. Welches war für dich der bisher schönste Sieg, den du feiern durftest?
"Der Gewinn des Niederrheinpokals mit dem SV Straelen gegen den Wuppertaler SV war mit Sicherheit einer der schönsten Siege, zumal ich da ich das Siegtor zum 1:0 erzielt habe. Niemand hatte damit gerechnet, dass wir siegen würden, da wir zuvor zweimal deutlich gegen den WSV in der Liga verloren hatten. Doch der Pokal schreibt seine eigenen Geschichte und am Ende haben wir entgegen aller Erwartungen gewonnen."
AM BALL: Du hast zwei Jahre beim SV Rödinghausen gespielt. In dieser Zeit hast du mit dem Team den Mittelrheinpokal gewonnen. Das anschließende Qualifikationsspiel zum DFB-Pokal habt ihr ebenfalls gewonnen. Wie hoch ist der Druck als Spieler in so einem wichtigen Spiel?
"Für Rödinghausen wäre es das erste Mal gewesen, im DFB-Pokal anzutreten. Es war also eher ein Wunsch, den wir verwirklichen wollten, als eine Pflicht. Insofern sind wir ohne großen Druck in das Spiel gegangen. Allerdings waren wir als Regionalligist, der gegen einen Oberligisten antrat, hochmotiviert, das Spiel zu gewinnen. Diese Motivation hat uns dazu verholfen, recht befreit aufzuspielen, und letztendlich haben wir die Partie auch gewonnen."
AM BALL: Die erste Runde des DFB-Pokals gegen Dynamo Dresden musstest du verletzungsbedingt aussetzen. Das Spiel konnte deine Mannschaft in der Nachspielzeit mit 3:2 gewinnen. Wie sehr hat es dich gefreut, in der zweiten Runde doch noch die Chance zu erhalten, im DFB-Pokal aufzulaufen?
"Ich hatte einen Muskelfaserriss und musste leider aussetzen, was mich ziemlich enttäuscht hat. Ich habe mir das Spiel von der Tribüne aus angesehen, und in der 120. Minute haben wir dann das entscheidende Tor erzielt. Vor Freude bin ich von der Tribüne aus auf den Platz gelaufen, um mit der Mannschaft zu jubeln. Das war ein unglaubliches Gefühl, besonders wenn man bedenkt, dass ich in der nächsten Runde wieder einsatzbereit sein würde."
AM BALL: In der zweiten Runde habt ihr dann das Kracher-Los FC Bayern München bekommen. In dem Spiel durftest du von Beginn an spielen. Wie hast du dich auf das Spiel vorbereitet?
"Als wir das Los gezogen haben, war uns allen irgendwie klar, dass wir höchstwahrscheinlich ausscheiden würden. Aber ich habe noch einen Funken Hoffnung gehabt, lacht. Zu dieser Zeit war Nico Kovac Trainer bei den Bayern und sie hatten sportlich gesehen einige Schwierigkeiten. Ich dachte mir, sie sind auch nur Menschen und kochen mit demselben Wasser. Also habe ich mich genauso wie für ein normales Spiel vorbereitet.
Ungewohnt war vor allem, als wir mit Polizeieskorte zum Stadion geleitet wurden. Das erlebt man auch nicht alle Tage. Bis zu dem Moment, als ich Niklas Süle gesehen habe, fühlte es sich für mich wie ein normales Spiel an. Es wurde erst richtig real, als wir im Spielertunnel waren und ich Süle mit seiner Größe gegenüberstand. Da wurde mir klar, dass wir gegen den FC Bayern München spielen würden."
AM BALL: Was ist dir durch den Kopf gegangen, als du wusstest, dass du gegen Nationalspieler wie Franck Ribery oder Thomas Müller spielst?
"Zuallererst ging mir durch den Kopf, dass ich mich nicht blamieren möchte und einfach ein gutes Spiel abliefern wollte. Schließlich hat man nicht jeden Tag die Gelegenheit, gegen solche Spieler anzutreten, und ich wollte jede Minute davon genießen. Natürlich war ich sehr nervös, aber als ich dann meinen ersten Zweikampf gegen Ribery gewonnen habe, verschwand die Aufregung, und das Spiel lief für mich sehr gut."
Bis zu dem Moment, als ich Niklas Süle gesehen habe, fühlte es sich für mich wie ein normales Spiel an.
AM BALL: Dein Vertrag beim 1. FC Bocholt wurde zwei Tage vor dem ersten Ligaspiel unterschrieben. Im Spiel gegen Schalke II hat der Coach dir direkt das Vertrauen für die Startelf geschenkt. Was ist das für ein Gefühl gewesen?
"Das war ein wirklich großartiges Gefühl. Ich bin außerdem sehr dankbar für das Vertrauen, das mir entgegengebracht wurde, obwohl ich die gesamte Vorbereitung nicht mitgemacht habe und erst in den letzten drei Trainingseinheiten dabei war. Durch meine Leistung an diesem Spieltag konnte ich dem Trainer glaube ich auch zeigen, dass ich sein Vertrauen verdient habe. Ich bin wirklich froh, dass die Jungs mich so gut im Team aufgenommen haben und mir, genau wie der Coach, ihr Vertrauen für den ersten Spieltag geschenkt haben. Das zeigt, dass wir eine gute Mannschaft sind, denn wir stehen füreinander ein und treten gemeinsam als ein Team auf."
AM BALL: Ihr seid eine Mannschaft mit vielen jungen Spielern. Du bist einer der erfahrenen Spieler im Team. Wie versuchst du, die Jungs mit deinen Erfahrungen im Training und im Spiel zu unterstützen?
"Ich bemühe mich immer, die jüngeren Spieler direkt zu unterstützen und im Training bestimmte Dinge anzusprechen. Mein Ziel ist es, meine Erfahrungen an sie weiterzugeben, damit sie ihren nächsten Schritt im Fußball machen können und durch diese Unterstützung den Sprung in eine höhere Liga schaffen. Dies kommt auch unserer Mannschaft insgesamt zugute, da wir als Team wachsen, wenn sich die jungen Spieler verbessern. Ich hätte mir so etwas in meiner eigenen Entwicklung früher gewünscht, daher möchte ich jetzt diese Unterstützung weitergeben."
Wir stehen füreinander ein und treten gemeinsam als ein Team auf.
AM BALL: Welche Ziele hast du dir für diese Saison gesetzt?
"In erster Linie möchte ich dazu beitragen, dass die Mannschaft und der Verein ihre Ziele erreichen. Natürlich habe ich auch persönliche Ziele in Bezug auf Tore und Vorlagen für die Saison. Mein Ziel ist es, am Ende der Saison mindestens 15 Scorerpunkte auf meinem Konto zu haben."
AM BALL: Welchen Interessen gehst du in deiner Freizeit außerhalb des Fußballs nach?
"Ich interessiere mich sehr für Basketball und verbringe die meiste Zeit abseits des Platzes mit meiner Familie und meinen Freunden. Die Zeit mit meinen Kindern ist für mich ein sehr guter Ausgleich zum Fußball."
AM BALL: Vielen Dank für das Gespräch, Kelly!