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Interview
Donnerstag, 01.12.2022 09:45 Uhr

Interview mit Kapitän Tim Winking

Tim Winking trägt seit vielen Jahren nicht nur das Trikot der Schwatten, sondern auch die Kapitänsbinde. Wir haben uns mit dem Innenverteidiger zur AM BALL-Ausgabe gegen den 1. FC Düren zum Interview getroffen und sprechen über schwere Verletzungen, den Umgang mit Kritik und die Ziele in der laufenden Saison in der Regionalliga West.

Wie geht es dir mittlerweile?
Tim Winking: "Soweit echt gut muss ich sagen. Ich habe die OP sehr gut überstanden und die Schwellung über dem Auge ist so gut wie weg. Narbentechnisch wird in Zukunft auch kaum etwas zu sehen sein."

Und wann können wir dich wieder auf dem Platz sehen?
"Das steht noch nicht wirklich fest. Ich werde jetzt wieder locker mit dem Laufen anfangen. Mir wurde vor der OP gesagt, dass ich sechs Wochen keine Zweikämpfe führen geschweige denn Kopfbälle machen soll. Aktuell hoffe ich, dass ich noch vor der Winterpause wieder auf dem Platz stehen kann."

Würdest du sagen, dass der Kopf beim Fußball ausreichend geschützt wird?
"Ich wurde tatsächlich vor ein paar Monaten von einer Fußball-Studie angeschrieben von der Aachener Uni. Die untersuchen die Köpfe der Fußballer genauer (lacht). Wegen meiner Verletzung im Spiel gegen Düren bin ich dann schon beim ersten Mal durch das Raster gefallen. Und jetzt würde ich wieder rausfallen. Die hätten sich jetzt im November wieder gemeldet, weil man drei Monate ohne Kopfverletzung sein muss. Ich hätte es schon sehr spannend gefunden, mal Bilder vom Kopf zu haben. Auf meiner Position als Innenverteidiger ist das Kopfballspiel schon sehr prägend. Und was den Schutz betrifft: Gerade jetzt mit der Verletzung merkt man, dass es schon sehr, sehr schnell gehen kann, was Verletzungen betrifft. Und vor allem bei den Verletzungen, die ich jetzt habe - also Jochbein und Augenhöhlenbruch - kann es auch mal schnell passieren, dass am Auge direkt Verletzungen entstehen. Speziell was Sehfähigkeit oder Sonstiges angeht. Da macht man sich dann schon mehr Gedanken."

 Kannst du dir vorstellen, wie Petr Cech mal mit einem Helm aufzulaufen?
"Mit Helm kann ich mir tatsächlich nicht vorstellen. Ich werde aber am Anfang eine Maske brauchen. Da klären wir gerade mit den Ärzten, was ich da genau brauche. Die wird auch speziell angefertigt und dann sehr weit über die linke Seite gehen, weil natürlich das Jochbein, Oberkiefer usw. geschützt werden sollen. Für mich persönlich fühlt es sich einfach sicherer an, wenn ich zum Start in die Rückrunde erstmal mit Maske auflaufe."

Wie lange wirst du die Maske tragen?
"Minimum drei Monate nach der OP. Eventuell länger, wenn ich vom Kopf her sage: Ich brauch die noch unbedingt. Vielleicht trage ich sie dann so lange, bis nach sechs Monaten die Platten entfernt werden."

Ausschlaggebend wird sein, dass wir in jedem Spiel an unsere Leistungsgrenze kommen.

Kapitän Tim Winking

Kommen wir zum Sportlichen: Die Hinrunde ist (fast) abgeschlossen. Welches Zwischenfazit würdest du ziehen?
"Wenn man rein auf die Tabelle guckt, dann stehen wir - auch wenn es knapp ist - über dem Strich. So wie es im Moment in der dritten Liga aussieht, steigen drei Mannschaften aus der Regionalliga West ab. Und wir haben ja auch noch ein Spiel in der Hinterhand. Der Klassenerhalt ist das oberste Ziel, worauf wir alle hinarbeiten. Und von daher würde ich sagen, dass wir grundsätzlich nicht unzufrieden sind mit dem aktuellen Stand." 

Was glaubst du wird in der Rückrunde ausschlaggebend sein, damit der Klassenerhalt gelingt?
"Ausschlaggebend wird sein, dass wir in jedem Spiel an unsere Leistungsgrenze kommen. Man hat es in den letzten Wochen ja auch gesehen. Es ist gegen jeden Gegner was möglich und wir können gegen jeden Gegner auch siegen. Zum Beispiel in Rödinghausen oder den Punkt jetzt bei RWO, wo wir über das ganze Spiel gesehen, den Sieg sogar etwas mehr verdient gehabt hätten. Und da wird es einfach wichtig sein, in jedem Spiel ans Optimum zu gehen. Und sobald man zwei, drei Prozent vielleicht weniger geht, wie zum Beispiel in Kaan-Marienborn, dann reicht es in der Regionalliga nicht mehr. Das muss jedem bewusst sein." 

Nach den ersten Spielen bist du auch persönlich, zum Beispiel in Foren oder auf Social Media, häufig kritisiert worden. Wie gehst du damit um?
"Das sieht man natürlich. Schön ist es nie, sowas zu lesen. Gerade weil ich auch für mich persönlich denke, dass ich in den letzten Jahren immer ans Maximum gegangen bin, immer für den Verein alles gegeben habe. Ich würde jetzt nicht sagen, dass ich mich ungerecht behandelt gefühlt habe oder sowas, aber man bekommt es schon mit. Ich bin aber einer, der sich denkt: Wisst ihr was, euch zeige ich es jetzt. Und will dann auf jeden Fall, dass das ins Positive übergeht - wie in den Wochen vor meiner Verletzung." 

In den letzten Spielen vor deiner Verletzung hast du dich in eine sehr starke Form gespielt. Bist du, wie das gesamte Team, in der Regionalliga angekommen?
"Ja definitiv. Ich hab es persönlich gemerkt: Man braucht erstmal seine Zeit, um reinzukommen. Es kam viel zusammen: Die Vorbereitung war sehr, sehr kurz. Die Pause war ebenfalls sehr knapp. Es waren echt viele Faktoren, die vielleicht auch darauf hingewiesen haben, dass der Start nicht optimal verlaufen wird. Daher war es auch klar, dass wir erstmal einige Wochen brauchen würden. Das hatten wir von Anfang an alle im Kopf. Dass es dann auch bei mir persönlich immer besser klappt, ist natürlich ein toller Nebeneffekt. Ich bin aktuell wirklich sehr zufrieden, wie es für mich persönlich gelaufen ist - von der Verletzung mal abgesehen."

Spielt immer mit vollem Körpereinsatz: Tim Winking.

Gegen Rot-Weiß Oberhausen waren mehrere Hundert Fans des FCB dabei. Du kennst auch noch die Zeiten, als es Heimspiele mit weniger Zuschauer gab. Welchen Unterschied macht der Fan-Support?
„Einen Riesenunterschied. Wenn man sieht, was die Fans da veranstalten, das ist Wahnsinn. Ich hab das Spiel gegen Schalke II leider nur am Fernseher gesehen, aber allein was da los war und wie auch da supported wurde, obwohl an dem Tag leistungstechnisch einfach nicht viel ging. Daraus können wir jede Menge Motivation ziehen. Das will man als Spieler und als Mannschaft können wir dann was zurückgeben. Das motiviert unfassbar für kommende Aufgaben. Und ich glaube: In Oberhausen hat das jedem Spieler nochmal eine kleine Extra-Motiviation gegeben." 

Nach dem dritten Spieltag wurde dein Bruder Jan als Trainer entlassen. Wie bist du mit der Situation damals umgegangen?
"Jan und ich haben beide immer gesagt, dass wir das trennen können und wollen. Und klar: Ich muss für mich persönlich schon sagen, dass ich erstmal ein Stück weit geschockt war. Das gebe ich auch offen zu. Dann habe ich das erste Spiel danach nicht gespielt. Im Anschluss habe ich direkt das Gespräch mit Marcus John gesucht und mit ihm offen darüber gesprochen. Ich habe ihm das Gleiche gesagt, wie jetzt hier. Dass ich für den Verein weiterhin alles geben werde und mich reinkämpfen will. Ich weiß, dass ich Regionalliga spielen kann." 

Blicken wir etwas zurück: Du gehörst neben André Bugla mit Abstand zu den Dienstältesten Spielern im Kader. Welche Entwicklung im Verein hat dich in den letzten neun Jahren besonders beeindruckt?
"Was offensichtlich ist, ist die Tribüne. Das ist natürlich alles top. Grundsätzlich hat man schon das Gefühl, dass alles in professionelle Richtungen geht. Klar ist da noch viel Arbeit, auch für den Verein. Aber man merkt schon, dass der Verein auf einem sehr guten Weg ist. Aber auch, dass das Image vom 1. FC Bocholt sich sehr gewandelt hat. Gerade in den letzten Jahren hat man sich eine ganz neue Außendarstellung erarbeitet im Vergleich zu vor 10 oder 15 Jahren." 

Was war dein persönlich größtes Highlight im Trikot der Schwatten bisher?
"Die Aufstiege waren absolute Highlights, also beide unabhängig voneinander. Im Sommer war es nochmal eine Spur emotionaler für mich, weil ich beim ersten Aufstieg erst ein halbes Jahr da war. Hinzukommen die Spiele, an die man immer wieder denkt: Wuppertal und Oberhausen, die Pokalspiele bei uns. Das waren sehr besondere Momente. Oder das 2:0-Heimspiel gegen KFC Uerdingen. Da ist schon einiges zusammengekommen, auf das man gern zurückblickt." 

Was machst du in deiner Freizeit gerne wenn du mal nicht den Ball am Fuß hast?
"Entweder verbringe ich sehr gerne die Zeit mit meiner Frau oder meiner Family und sonst auch gerne mit meinen Jungs. Da wird dann halt sehr viel Fußball geguckt, über Fußball diskutiert. Denn der Fußball muss bei mir irgendwie immer mit dabei sein." 

Und abschließend: Welche Schlagzeile wünschst du dir nach dem letzten Spieltag in der Zeitung?
"Auf jeden Fall: Bocholt hält die Regionalliga." 

Vielen Dank für das Interview, Tim!