Holldack: Den Fans gebührt ein riesengroßer Respekt!
Seit dieser Saison trägt Jan Holldack die Kapitänsbinde am Hünting und tritt damit in die Fußstapfen von FCB-Legende Marc Beckert. Wir haben uns nach der Freistellung von Coach Björn Mehnert mit dem 28-jährigen Mittelfeldspieler zum Interview getroffen, um über die derzeitige Situation und seine Verantwortung innerhalb der Mannschaft zu sprechen.
AM BALL: Das Thema der vergangenen Wochen war sicherlich die Freistellung von Trainer Björn Mehnert. Wie habt ihr die Nachricht als Team aufgefasst?
Jan Holldack: "Wir hatten kaum Zeit, darüber nachzudenken, da wir am Montag informiert wurden und bereits am Dienstag zwei Trainingseinheiten absolviert haben. Der Entscheidungsprozess fand auf Führungsebene des FCB statt. Mir wurde als Kapitän die finale Entscheidung als erstes mitgeteilt. Anschließend habe ich das Team über die Freistellung informiert und dass Christopher Schorch nun zusammen mit Marcel Reichwein und Sebastian Patzler vorerst die Verantwortung übernimmt."
AM BALL: Welche Rolle spielte der “Trainer-Effekt” bei dem Last-Minute-Sieg in der Domstadt?
"Eine Trainerentlassung hat immer Auswirkungen auf die Mannschaft. Es kommt darauf an, wie das Team damit umgeht, aber eine Reaktion ist in solchen Momenten immer gefragt – auch von uns als Mannschaft, denn damit möchte man ja etwas bewirken. Umso wichtiger war es für uns, diesen Sieg zu holen, um zu zeigen, dass wir leben und dass die Mannschaft lebt. Wir haben alles gegeben, um das Spiel zu gewinnen und wieder in die Spur zu kommen."
AM BALL: Kann man nach dem Spiel in Köln sagen, dass es die richtige Entscheidung war?
"Richtig oder falsch gibt es in so einer Situation meiner Meinung nach nicht. Am Ende stand gegen den 1. FC Köln II ein Sieg auf unserer Seite. Ob wir das mit Björn Mehnert an der Seite auch geschafft hätten, kann man im Nachhinein nicht sagen. Im Fußball geht es nur um Sieg oder Niederlage. Wir haben gewonnen und das ist wohl gerade das Wichtigste für uns als Team und den gesamten Verein. "
Wichtig ist jetzt vor allem, die Leidenschaft wieder zurückzuholen, die den 1. FC Bocholt in den letzten Jahren ausgemacht hat. Dass jeder bis zur letzten Sekunde 110 Prozent gibt.
AM BALL: Geht man nach einer Trainer-Freistellung anders in das erste Spiel?
"Nach einer solchen Entscheidung waren wir in der Pflicht, Leistung zu zeigen, und es entstand ein gewisser Leistungsdruck für alle Beteiligten. Dennoch ist es Christopher Schorch gelungen, neuen Schwung und eine gewisse Leichtigkeit in die Mannschaft zu bringen. So gingen wir hochmotiviert ins Spiel."
AM BALL: Was versucht euch euer Interimstrainer-Team in so kurzer Zeit mitzugeben?
"Wichtig ist jetzt vor allem, die Leidenschaft wieder zurückzuholen, die den 1. FC Bocholt in den letzten Jahren ausgemacht hat. Dass jeder bis zur letzten Sekunde 110 Prozent gibt. Dieses Feuer, diesen Willen, das Spiel unbedingt gewinnen zu wollen, nicht nur in die Köpfe, sondern fast schon wieder ins Herz zu bekommen. Du merkst, dass jeder brennt und alles gibt, um zu siegen. Wir wollen wieder dahin kommen, dass Siege zur Normalität werden, wie es letztes Jahr der Fall war, ohne ständig auf das letzte Jahr zurückzublicken. Auch das Spielglück, das uns in den letzten Partien gefehlt hat, wollen wir wieder auf unsere Seite ziehen."
AM BALL: Hat sich euer Training verändert?
"Wir hatten nach der Freistellung eine richtig starke Trainingswoche. Jeder hatte richtig Bock auf das Spiel gegen den 1. FC Köln II und auf die drei Punkte. Das Trainerteam macht bisher einen überragenden Job und man merkt, dass sie gut zusammenarbeiten. Die Stimmung war klasse und wir haben dadurch ein neues Feuer entfacht. Alle waren trotz der schwierigen Situation bereit, 110 Prozent zu geben. Christopher Schorch, Marcel Reichwein und Sebastian Patzler sind ein richtig gutes Team mit einer starken Kommunikation untereinander und das wirkt sich auch auf die Mannschaft aus."
Jan Holldack im Spiel gegen die U23 des FC Schalke 04 Foto: Monika Gajdzik
AM BALL: Du hast die Kapitänsbinde aus der letzten Saison von Marc Beckert übernommen. Du trittst in große Fußstapfen.
"Absolut, Marc Beckert ist eine echte FCB-Legende. Letztes Jahr war er ein enorm wichtiger Spieler für uns, und als sein Co-Kapitän habe ich viel von ihm gelernt. Dafür bin ich ihm sehr dankbar und wir stehen auch heute noch in gutem Kontakt. Ich habe schon in der vergangenen Saison versucht, Verantwortung auf und neben dem Platz zu übernehmen."
AM BALL: Worin bestehen deine Aufgaben als Kapitän?
"Auf dem Platz ist es mir wichtig, mich für die Mannschaft einzusetzen, die Jungs zu motivieren und Verantwortung zu übernehmen. Abseits des Platzes führe ich viele Einzelgespräche mit Spielern, Verantwortlichen und auch Fans. Das Vertrauen, das mir von allen Seiten entgegengebracht wird, schätze ich sehr."
AM BALL: Du gehst gezielt in den Austausch mit den Fans, welche Rolle spielen sie gerade in schweren Zeiten?
"Den Fans gebührt ein riesengroßer Respekt! Sie stehen immer hinter uns, selbst in schwierigen Zeiten. Obwohl wir mit drei Niederlagen in die Saison gestartet sind, haben sie uns unermüdlich unterstützt. Das ist alles andere als selbstverständlich, und ich habe das auch schon anders erlebt. Ich schätze den Austausch mit den Fans sehr und habe mir nach den Spielen Zeit genommen, um mit einigen von ihnen zu sprechen und ihre Sichtweisen zu hören. Diese Gespräche sind immer bereichernd, denn sie geben einen klaren Einblick in die Gedanken und Gefühle der Menschen. Daher möchte ich ein großes Chapeau und meinen Dank an die Fans aussprechen, wie sie mit der Situation umgegangen sind. Euer Support bedeutet uns viel!"
Ich schätze den Austausch mit den Fans sehr und habe mir nach den Spielen Zeit genommen, um mit einigen von ihnen zu sprechen und ihre Sichtweisen zu hören.
AM BALL: Einige wichtige Spieler haben euch im Sommer verlassen. Die Mannschaft wurde durch einige neue und auch junge Spieler verstärkt. Wie hat sich eure Dynamik im Team dadurch verändert?
"Da hat sich nicht viel geändert. Uns haben wirklich tolle Spieler und Charaktere verlassen. Aber die Jungs, die neu dazugekommen sind, sind ebenfalls charakterlich einwandfrei und insgesamt haben wir hier in Bocholt immer eine sehr gute Teamdynamik. Jeder versteht sich gut mit jedem, das ist nicht selbstverständlich und zeichnet uns auch aus. Wir halten zusammen und jeder gibt alles für den anderen. Durch die Neuzugänge hat sich daran nichts geändert."
AM BALL: Was war für dich ausschlaggebend, deinen Vertrag frühzeitig beim FC zu verlängern?
"Als ich meinen Vertrag verlängert habe, hatte ich einen guten Austausch mit Christopher Schorch. Meine Frau und ich fühlen uns hier sehr wohl und haben eine enge Bindung zu den Fans und dem Verein aufgebaut. Entscheidend für meine Verlängerung war der Wunsch, diesen Weg gemeinsam zu gehen und eines Tages in die 3. Liga aufzusteigen. Das ist mein großes Ziel, weshalb ich mich langfristig an Bocholt gebunden habe."
AM BALL: Danke für das Gespräch, Jan!
Das Interview wurde nach dem Spiel gegen den 1. FC Köln II für die AM BALL gegen Borussia Mönchengladbach II geführt.