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Foto: Monika Gajdzik

Interview
Mittwoch, 16.04.2025 13:13 Uhr

Bayakala: Es ist einfach total familiär hier

Als kleiner Junge wollte er einfach nur mit seinen Freunden kicken – ohne Verein, ohne große Ziele. Doch aus dem Bolzplatzspieler von damals wurde ein echtes Eigengewächs des 1. FC Köln. Dort durchlief Aaron Bayakala das Nachwuchsleistungszentrum, wurde zum Angreifer umgeschult und feierte mit Köln unter anderem den Gewinn des DFB-Pokals der Junioren. Seit Januar trägt der pfeilschnelle Offensivmann nun das Trikot des 1. FC Bocholt. Im Interview spricht er über seinen Weg aus Köln, den Neustart in der Regionalliga – und warum sich Bocholt für ihn genau richtig anfühlt.

AM BALL: Aaron, wie hat sich deine Beziehung zum Fußball im Laufe der Zeit verändert?

Am Anfang hatte ich ehrlich gesagt gar nicht vor, im Fußball wirklich weit zu kommen. Für mich zählten nur der Bolzplatz und meine Freunde. Wir haben einfach jeden Tag gekickt, ganz ohne Verein. Viele meiner Kumpels waren schon in Mannschaften, aber das hat mich nicht interessiert. Ich hatte genug Spaß auf dem Platz vor der Haustür. Irgendwann wurde ich dann überredet, doch in einen Verein zu gehen. Ich bin zu einem kleinen Klub in Köln-Porz gewechselt, den es heute leider nicht mehr gibt. Selbst da bekam ich schon als kleiner Junge ein Angebot vom 1. FC Köln. Aber ich hab’s einfach ignoriert, weil ich lieber bei meinen Freunden bleiben wollte. Nach einer richtig starken Saison wurde es dann doch etwas ernster: Ich wechselte zu Viktoria Köln. Dort wurde ich übrigens vom Außenverteidiger zum Angreifer umgeschult. Zwei Jahre später kam der Schritt zum 1. FC Köln – und ab da ging’s für mich richtig los. Heute stehe ich hier in Bocholt und bin einfach dankbar, das Vertrauen zu bekommen, das ich am Ende meiner Zeit beim “Effzeh” nicht mehr gespürt habe.

AM BALL: Du hast im Nachwuchsleistungszentrum des 1. FC Köln eine Ausbildung durchlaufen, von der viele nur träumen. Was nimmt man aus so einem NLZ mit – außer Taktik, Technik und Teambussen?

Das Besondere ist, dass wirklich auf jedes noch so kleine Detail geachtet wird. Man hat Workshops zu allen möglichen Themen – nicht nur zum Sport, sondern auch zur persönlichen Entwicklung. Das hilft dir als junger Mensch enorm weiter. Ein großer Unterschied zu einem normalen Verein ist, dass man im Nachwuchsleistungszentrum schon sehr früh das Leben eines Profis kennenlernt – angefangen beim Essen, über Physio-Termine bis hin zu regenerativen Maßnahmen. Die Bedingungen sind top, aber es herrscht auch ein harter Konkurrenzkampf. Jeder will den Sprung schaffen, jeder will besser sein. Das prägt dich – sportlich und menschlich

AM BALL: Du hast mit dem 1. FC Köln den Pokal der Junioren gewonnen. Wie viel von diesem Sieger-Gen nimmst du mit nach Bocholt?

Eine ganze Menge. Solche Momente prägen dich einfach. Genau für diese Gefühle spielt man Fußball – um Titel zu holen, um zu gewinnen. Gerade jetzt, wenn wir mit Bocholt Spiele gewinnen, erinnert mich das daran. Die Stimmung nach einem Sieg ist einfach geil – im Training, in der Kabine, überall gute Laune. Dieses Gefühl willst du immer wieder erleben. Und es motiviert dich, Woche für Woche alles reinzuhauen.

Ich hab früh gelernt, dass dir im Leben nichts geschenkt wird.

Aaron Bayakala

AM BALL: Wenn man dich im Spiel beobachtet, merkt man: Du willst nicht einfach nur mitspielen – du willst was reißen. Woher kommt dieses Feuer in dir?

Ich hab früh gelernt, dass dir im Leben nichts geschenkt wird. Wenn du etwas erreichen willst, musst du jeden Tag dafür brennen. Ich liebe den Fußball – und genau das merkt man mir, glaube ich, auch an. Ich habe immer den Drang, mich zu beweisen. Diese Gier, auf dem Platz zu stehen und etwas zu bewegen, die treibt mich an.

AM BALL: Man sagt, du seist schnell. Sehr schnell. Aber was geht dir durch den Kopf, wenn du mit Vollspeed die Linie entlangziehst? Instinkt, Plan oder einfach nur: „Keiner kriegt mich mehr“?

In dem Moment denke ich eigentlich gar nichts – das ist einfach ein Gefühl. Es geht nur um Tempo, Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und den Willen, sich durchzusetzen. Ich will meinem Team bestmöglich helfen – und wenn ich mit meinen Fähigkeiten was reißen kann, dann gebe ich Vollgas.

AM BALL: Gibt es in deinem Kopf so eine Art „Highlight-Reel“, das du in dunkleren Momenten abrufst?

Auf jeden Fall. Es sind oft gar nicht die großen Tore oder Spiele, sondern so Kleinigkeiten: ein Schulterklopfer von einem Mitspieler, ein Blick vom Trainer – das gibt dir das Gefühl: Du kannst das. Und wenn ich mal Motivation brauche, schaue ich mir Videos von Ousmane Dembélé an. Er ist einer meiner Lieblingsspieler. Schnell, kreativ, unberechenbar – und er kommt wie ich über die Flügel. Das inspiriert mich.

Aaron Bayakala – schnell, wendig und kaum zu stoppen auf dem Flügel. Foto: Monika Gajdzik

AM BALL: Du bist Anfang 20, hast ein Bundesliga-NLZ durchlaufen, Pokale gewonnen und Regionalliga-Erfahrung gesammelt. Wie schaffst du es, bei all dem Trubel um Talente, Transfers und Erwartungen einen kühlen Kopf zu bewahren?

Ich konzentriere mich auf das, was ich selbst beeinflussen kann – also auf mein Training und meine Leistung. Alles, was in den Medien oder Zeitungen steht, blende ich komplett aus. Ein wichtiger Teil meines Lebens ist auch mein Glaube an Gott. Ich vertraue viel auf ihn, bete regelmäßig und lasse manche Dinge einfach in seine Hände fließen. Ich glaube fest daran, dass Gott immer den richtigen Weg für mich findet.

AM BALL: Bocholt ist nicht Köln – hier geht’s ehrlicher, rauer, direkter zur Sache. Was war für dich der größte Unterschied – und was macht diese Mannschaft für dich so besonders?

Es ist einfach total familiär hier. Jeder haut sich rein, keiner versteckt sich. Die Fans stehen immer hinter uns – egal ob wir gewinnen oder verlieren. In Köln war’s auch familiär, aber in Bocholt ist das nochmal eine ganz andere Welt. Gerade wenn’s mal nicht läuft, spürst du, dass die Leute hinter dir stehen. Du wirst hier aufgebaut, bekommst Vertrauen – sowas hatte ich vorher noch nie so erlebt.

Sie haben mir von Anfang an ein gutes Gefühl gegeben und mir geholfen, einfach ich selbst zu sein.

Aaron Bayakala

AM BALL: Was war für dich der Moment, in dem du gemerkt hast: Jetzt bin ich in Bocholt wirklich angekommen?

Ich bin in einer Fahrgemeinschaft mit Sebastian Patzler und Marko Stojanovic – und die beiden haben mir den Einstieg hier echt erleichtert. Sie haben mir von Anfang an ein gutes Gefühl gegeben und mir geholfen, einfach ich selbst zu sein. Dafür bin ich ihnen echt dankbar. Ich konnte schnell aus mir herauskommen – das hat mir total gutgetan.

AM BALL: Danke für das Gespräch, Aaron!

Das Interview wurde nach dem Spiel gegen MSV Duisburg für die AM BALL gegen Sportfreunde Lotte geführt.